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Schriftliche Anfrage der Stadträtin Lara Gabriel /Antwort im Rat 11.12.2023
1. Wo wird in Bergheim in den kommenden Jahren bezahlbarer Wohnraum mit guter Infrastruktur für die notwendigen zusätzlichen Kräfte im Bereich der Versorgung und Pflege, sowie der Bereitstellung eines adäquaten Zuhauses für unsere Seniorinnen entstehen?
2. Wo sind die in Bergheim notwendigen Servicewohnungen geplant und welche Maßnahmen unternimmt die Stadt um das entsprechende Angebot, wie im Hinweis des Gutachtens auf den Bestand Eisdorf, bezahlbar und dennoch lebenswert bereitzustellen?
Antwort der Verwaltung:
Aktuell befindet sich ein Bauantrag für Mehrgeschosswohnen im Bereich Commerstraße/Rathausstraße bei der Bauaufsicht in Bearbeitung. Dieses Mehrgeschosswohnen soll laut Bauantrag auch für „altersgerechtes Wohnen“, mit optionaler Zubuchung von Serviceleistungen, genutzt werden können. Ob dort tatsächlich „altersgerechtes Wohnen“ realisiert wird, kann derzeit nicht angegeben werden. Weitere, bereits hinreichend konkreten Bauvorhaben, welche in absehbarer Zeit definitiv umgesetzt werden, sind momentan nicht vorhanden. Wiederkehrend gibt es Informationsgespräche mit interessierten, möglichen Investoren zu einem möglichen Entwicklungspotential verschiedener Flächen. Im Zuge dieser Gespräche wird auch die Option der Bereitstellung von Wohnfläche für „altersgerechtes Wohnen“ bzw. „servicegerechtes Wohnen“ behandelt, jedoch wird von Seiten der potenziellen Investoren darauf verwiesen, dass sich die Umsetzung dieser Wohnmodelle aufgrund der aktuell nur begrenzten Nachfrage schwierig gestaltet.
3. Wo können in Bergheim die notwendigen WG's für Seniorinnen ihren Platz finden und wie will die Stadt die Seniorinnen in Bergheim unterstützen, sich in Wohngemeinschaften zusammenzufinden?
Antwort der Verwaltung:
Das Thema „Wohnen im Alter“ ist sehr früh von der Fachstelle Älterwerden aufgegriffen worden. Bereits von 2009 bis 2012 hat unter Leitung der Fachstelle Älterwerden ein Arbeitskreis „Intergenerationelles Wohnen/ Neue Wohnformen in Bergheim“ mit an Gemeinschaftswohnen interessierten Senioren getagt – auch Kontakt zu potentiellen Investoren war gegeben. Die Ziele lagen in der Umsetzung gemeinschaftlicher Wohnformen in Bergheim, Sensibilisierung für alternsgerechtes Wohnen, Lobbyarbeit, Beratung Investoren/ Wohninteressierten. Ein Faltblatt „Zukunftsmodelle Wohnen in der Kreisstadt“ wurde entwickelt. Es ist dann aber ein konkretes Modell eines gemeinschaftlichen Wohnprojektes mit der Gruppe nicht entstanden. Es stellte sich heraus, dass diese Entwicklung der Projektgruppe durchaus charakteristisch für viele ähnlich gelagerte Senioren-WG-Projekte ist – so jedenfalls die Feststellung, die bereits 2008/2009 einer Untersuchung der Sozialgerontologin Kricheldorff zugrundelag, die die starke Diskrepanz zwischen interessierten Anfragen zum gemeinschaftlichen Wohnen und den tatsächlichen realisierten Projekten dokumentierte. Schon die bundesweite repräsentative Studie "Wohnen im Alter - Selbstorganisierte Wohnformen" aus dem Jahr 2000, die unter Befragung von rund 78 000 älterer Menschen ab 50, die (noch) nicht gemeinschaftlich wohnten, durchgeführt wurde, gibt Hinweise darauf, welche Faktoren einen Umzug in eine neue Wohnform befördern. Die Studie kam zu folgenden Ergebnissen: 11% der Befragten im Alter von 50-59 Jahren konnten sich das Wohnen in einem Gemeinschaftlichen Wohnprojekt vorstellen. Je älter die Befragten wurden, desto geringer war das Interesse an einer solchen Wohnform. Auch die Tatsache, ob Menschen zur Miete oder im Eigentum wohnen, scheint das Interesse an Gemeinschaftlichen Wohnprojekten zu beeinflussen. So konnten sich 18% der befragten Mieter eine solche Wohnform vorstellen, hingegen nur 12% der befragten Wohnungseigentümer bzw. 10% der Hauseigentümer. Auch die Frage nach vorhandenen WG-Erfahrungen scheint eine große Rolle bei der Akzeptanz Gemeinschaftlicher Wohnprojekte zu spielen. Etwa 16 % der Befragten hatten bereits Erfahrungen mit Gemeinschaftlichem Wohnen. Ein Drittel dieser 16 % hatte in diesem Zusammenhang auch gute Erfahrungen gemacht. Besonders die Menschen, deren Wohnbiografie WG-Erfahrung aufweist, bewerteten in der Studie Gemeinschaftliches Wohnen als die beste Lösung für das Wohnen im Alter. Bis heute hat sich an der Diskrepanz zwischen theoretischem Interesse und praktischer Nichtdurchführung wenig geändert. So zeigt die repräsentative Umfrage der Trendstudienreihe "Zukunftsfit Bauen und Wohnen" der Baufi24-Gruppe von 2021, dass zwar 82 Prozent der Befragten im gemeinschaftlichen Wohnen einen Vorteil im Alter sehen, „da es Eigenständigkeit ermöglicht.“ Gegenseitige Hilfe im Alltag (78 Prozent) und Kosteneinsparungen (75 Prozent) sind weitere Top-Argumente für die "WG". Allerdings: Nur 7 Prozent der 50 bis 69jährigen würden gemeinschaftliches Wohnen mit Gleichaltrigen bevorzugen. Ältere Menschen wünschen sich eher Jüngere als Nachbarn: 27 Prozent der 50- bis 69-Jährigen geben Nachbarn unterschiedlichen Alters als Präferenz an.
Diese Befunde zeigen eindrucksvoll, warum Investoren ein besonderes Risiko eingehen, wenn sie auf gemeinschaftliche Wohnformen setzen. Deshalb nimmt es auch nicht wunder, dass der Verwaltung derzeit keine Projekte bekannt sind, die Gemeinschaftliches Wohnen von Älteren tatsächlich umsetzen. Inwieweit eine städtische Baugesellschaft sich auch dieses Themas annehmen könnte, steht derzeit noch dahin.
4. Wie hat sich die Stadt Bergheim mit den anderen Kommunen verständigt, um den Bedarf insgesamt zu decken? Kommunen könnten an Förderprogrammen teilnehmen oder mit anderen Gemeinden kooperieren, um den Bedarf an Seniorenwohnraum regional zu decken. Dies könnte möglicherweise zusätzliche finanzielle Mittel oder Unterstützung für die Unterbringung von Senioren aus anderen Gebieten bereitstellen. Die Kommune könnte spezielle Dienstleistungen oder Programme anbieten, die Senioren aus anderen Gemeinden anlocken. Zum Beispiel könnten spezialisierte Pflegeeinrichtungen oder Programme, die in der eigenen Kommune angeboten werden, attraktiv für Senioren aus anderen Gebieten sein, die bereit sind, für diese Dienstleistungen zu zahlen. Die Kommune könnte mit anderen Gemeinden oder Institutionen Verträge abschließen, um Plätze in ihren Senioreneinrichtungen für Senioren aus anderen Gemeinden zur Verfügung zu stellen. Dabei könnten die anderen Gemeinden für die Unterbringung und Pflege der Senioren eine Gebühr oder ein Entgelt· an die eigene Kommune zahlen. Welche Möglichkeiten haben wir - welche haben wir nicht?
Antwort der Verwaltung:
Die Frage setzt voraus, dass die Kreisstadt Bergheim und ihre Nachbarkommunen sich wirtschaftlich betätigen, um städtischen Wohnraum für Senioren zu schaffen. Dies ist derzeit nicht der Fall.
5. Wie berechnet sich der Anteil der Kosten für Kommunen in der Kreisumlage? Stellt sich eine Kommune wie Bergheim besser, bezogen auf eine Verrechnung der Kosten in der Kreisumlage über alle Kommunen, wenn Sie hier für andere Kommunen Bedarfe mit deckt, oder stellt sie sich rechnerisch schlechter, wenn sie wartet, bis andere Kommunen Angebote bereitstellen und unsere Seniorinnen in anderen Kommunen oder aus anderen Kommunen versorgt werden?
6. Wie hoch sind die Kosten für die obenstehenden Angebote und Bedarfe bisher in Bergheim in der Kreisumlage? Wie verändern sich die Kosten mit den zusätzlichen Bedarfen hier aus dem Gutachten?
7. Könnten Sie dem Rat ein Beispiel aus einem Bescheid zur Kreisumlage an die Hand geben, damit wir sehen können, wie das sich in der Realität so darstellt auf dem Papier? Berechnungsgrößen für die Kreisumlage zur Deckung des Kreisumlagebedarfs sind die sog. Umlagegrundlagen der Kommune gem. Gemeindefinanzierungsgesetz (GFG), multipliziert mit dem Umlagesatz (Hebesatz) gem. Festsetzung in der Kreis-Haushaltssatzung.
Antwort der Verwaltung:
Die Umlagegrundlagen setzen sich aus der Steuerkraftzahl zzgl. der Schlüsselzuweisungen der jeweiligen Kommune zusammen. Maßgeblichen Einfluss auf die Schlüsselzuweisungen haben die Ausgangsmesszahl einer Kommune (i.S.d. Bedarfs einer Kommune) im Verhältnis zu der eigenen Steuerkraftmesszahl. Die Umlagegrundlagen 2023 basieren auf den im Bescheid der Bezirksregierung Köln vom 20.01.2023 festgesetzten Steuerkraftzahlen und Schlüsselzuweisungen der Kreisstadt Bergheim. Im Haushaltsplan 2023/2024 wurden für die Berechnung der allgemeinen Kreisumlage die in der am 23.03.2023 verabschiedeten Kreis-Haushaltssatzung festgesetzten Umlagesätze von 32,6 % für das Jahr 2023 und 32,7 % für das Jahr 2024 zugrunde gelegt. Für das Jahr 2024 hat der Landrat die Absenkung des Umlagesatzes im Rahmen einer Nachtragssatzung auf 30,5 % angekündigt. Die Aufwendungen für die verschiedenen Sozialleistungen wie z.B. die Grundsicherung/Bürgergeld, die Hilfe zur Pflege und die Zahlung von Pflegewohngeld machen einen hohen Kostenanteil im Kreishaushalt aus und prägen somit den Kreisumlagebedarf entscheidend. Der Kreisumlagebedarf und damit verbunden die künftigen Belastungen aus der Kreisumlage hängen maßgeblich von der Ausgabenentwicklung im Bereich der sozialen Sicherung ab; in diesem Bereich sind verlässliche Prognosen über die weitere Kostenentwicklung aufgrund der Interdependenzen zu verschiedenen gesellschaftlichen Einflüssen – z.B. wirtschaftliche Entwicklung, Veränderungen in den Altersund Sozialstrukturen der Bevölkerung, Durchführung von Sozialreformen - kaum möglich. Aufgrund der oben beschriebenen Komplexität und der wechselseitigen Abhängigkeiten der einzelnen Bestimmungsgrößen zur Ermittlung und Verteilung der Kreisumlage zwischen den Kreiskommunen kann eine differenzierte Aussage im Hinblick auf die angefragte Kostenverteilung nicht abgegeben werden.
8. Wird die lnfrastrukturgesellschaft auch den Generationenwechseln in den Einfamilienhäusern organisieren? Wann kann Sie damit beginnen?
Antwort der Verwaltung:
Die politische Grundentscheidung zur Gründung einer städtischen Baugesellschaft ist noch nicht gefallen. Daher können diese Fragen nach ihrer Zuständigkeit derzeit nicht beantwortet werden.