Antrag Grüne und SPD zur Planungsausschusssitzung am 13.06.2024

Sehr geehrter Herr Hunke,

bitte nehmen Sie den nachfolgend benannten Tagesordnungspunkt in die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Planungsausschusses auf: „Straßenplanungen in Bergheim“

Die Fraktionen von SPD und Grünen stellen dazu den folgenden Antrag zur Beschlußfassung:

„Für den neu aufzustellenden Landesstraßenbedarfsplan NRW sind die alten, teilweise über 20 Jahre alten Beschlüsse des Rates und die daraufhin eingeleiteten Straßenplanungen zu überprüfen.“

Begründung:

In der Landesregierung steht die Überarbeitung der Bedarfspläne für ÖPNV und Landes-straßen an. Nach dem Leitprinzip der Landesregierung, festgehalten im Koalitionsvertrag zwischen Grünen und CDU, geht der Erhalt der vorhandenen Straßeninfrastruktur vor dem Neubau weiterer Straßen.

In NRW und in der Stadt Bergheim ist die vorhandene Infrastruktur marode. Es benötigt Milliarden von Steuermitteln, um diese Instand zu setzen.

Im Masterplan Mobilität von 2021, den der Rat einstimmig beschlossen hat, sind fünf Neubauvorhaben überörtlicher Straßen im Handlungsfeld 5.3 enthalten, von denen sich eine in der Umsetzung befindet (K22n). Für zwei weitere Straßen gibt es entweder keinen Planungsauftrag (B447n) oder sie ist gar nicht im Landesstraßenbedarfsplan enthalten (L213n).

Innerhalb des Handlungsfeldes 5.3 beziehen sich nur 2 Seiten auf den Bau zusätzlicher Straßen. Die Gutachter schreiben dazu auf Seite 120:

„In diesem Sinn unterscheidet sich das Handlungsfeld „Kfz-& Wirtschaftsverkehr“ von den bereits genannten, aber auch von den noch folgenden Handlungsfeldern. Während mit den bereits genannten Handlungsfeldern Anreize zur verstärkten Nutzung des Umweltverbundes geschaffen werden sollen, wären Maßnahmen, die zu einer verstärkten Nutzung des Kfz-Verkehrs führen würden, gegenüber einer Vielzahl der gemeinsam erarbeiteten Ziele des Masterplans nicht zu vereinbaren.“

Im Masterplan Mobilität weisen die Gutachter auf das hervorragendes Straßennetz hin: „Bergheim verfügt mit vielen regionalen und überregionalen Verbindungen über ein sehr gut ausgebautes Verkehrsnetz, das die verschiedenen Siedlungsbereiche des Stadtgebiets alle gut miteinander verbindet. Dementsprechend zeigt die bislang letzte Verkehrserhebung im Jahr 2013 eine starke Autoaffinität in Bergheim.“

Daraus erfolgt aus dem Gutachten folgender Sachstand.

„In Bergheim (wie andernorts) sind als Resultat dieser sehr einseitigen Ausrichtung der Mobilität hohe Verkehrsbelastungen und ein starker Flächenverbrauch beim fließenden und ruhenden Verkehr sowie Klima- und Umweltbelastungen zu beobachten.“ Der Rat hat diese Analyse mit seinem einstimmigen Votum ausdrücklich bestätigt. In der Vergangenheit Beschlüsse zum Bau zusätzlicher Straßen unter anderen Voraussetzungen gefasst. Seit Corona hat sich in den letzten 3 Jahren das Verkehrsverhalten der Menschen deutlich geändert. Das Homeoffice Konzept hat sich in den meisten Firmen durchgesetzt. Das hat die Häufigkeit der Arbeitswege verringert, was gerade in den morgendlichen und nachmittäglichen Spitzenzeiten zu einer Entzerrung des Verkehrsaufkommens geführt hat.

Bisher werden zusätzliche Straßen und deren zu erwartende Verkehrswirkung nicht integriert betrachtet. So wurde bei der Verkehrsuntersuchung zur L93n nicht untersucht, welche verkehrliche Auswirkung der Bau der B477n haben wird. Obwohl diese nahezu parallel zur L93n verlaufen würde.

Deshalb kommt das Verkehrsmodell zu Belastungszahlen, die sich komplett in eine andere Richtung entwickeln werden, sobald die B477n mitbetrachtet wird. Gleiches mussten wir bei der Planung der K22n erleben, deren Verkehrsuntersuchung wesentlich weniger KFZ/24 Stunden darstellte, als dies jetzt in der Untersuchung der L93n für die K22n berechnet wurde.

Das sieht nach Salamitaktik aus und kann nicht wirklich als wissenschaftlich korrekt bezeichnet werden.

Jede zusätzliche neue Straße zieht weiteren Unterhaltungsaufwand nach sich. Wenn schon für die Werterhaltung der bestehenden Straßen nicht genügend Steuergelder vorhanden sind , muss die Frage erlaubt sein, wie dann ein noch größerer Bestand an Infrastruktur erhalten werden können soll. Dieses Problem besteht nicht nur bei Bundes- und Landesstraßen.

Es gibt in Bergheim so dermaßen marode Verkehrswege, die man eigentlich nur noch als Stoßdämpferteststrecken bezeichnen kann. Trauriges Beispiel ist hierbei mal wieder Büsdorf: einige Straßen sollten eigentlich als nicht benutzbar gegenzeichnet werden. Das sind die Straßen nach Niederaußem, nach Rheidt und nach Ingendorf. Letztere ist besonders löchrig, zumindest auf Bergheimer Stadtgebiet.

Nicht umsonst wird momentan im Auftrag der Stadt von einem Unternehmen die Qualität der Bergheimer Straßen überprüft. Im Zustandsbericht Landesstraßen des Landesbetriebs Straßen NRW von 2018 werden 35% ! als „sehr schlecht“ dargestellt.

Es geht der Politik darum, vor Wahlen den Menschen Luftschlösser zu versprechen, an deren Verwirklichung sie selber nicht glaubt. Dieses Ritual wird seit Jahrzehnten regelmäßig wiederholt und führt schon genau so lange zu Nichts.

So wird den Menschen in Büsdorf und Fliesteden seit 30 Jahren vorgegaukelt, sie würden bald eine Umgehungsstraße bekommen. Was auch dazu geführt hat, dass man deshalb Nichts für die Verkehrsberuhigung in den Ortsdurchfahrten unternommen hat.

Neuerdings geht es ja auch gar nicht mehr um eine Umgehungsstraße. Jetzt wird in politischen Äußerungen immer deutlicher, was der eigentliche Grund für die L93n ist: Die ausufernde Ausweisung unzähliger ha neuer Gewerbegebiete braucht zusätzliche Straßen für den dadurch erzeugten Mehrverkehr.

Doch diese Endlosschleife immer neuer Versieglung von Landwirtschaftlichen Flächen stößt mittlerweile auf Gegenwehr aus der Bevölkerung. Auch das hat sich gegenüber früheren Zeiten deutlich geändert. So gibt es eine aktive Bürgerinitiative gegen den Bau der L93n, der sich sogar frühere Befürworter aus Reihen der CDU angeschlossen haben.

Das Resümee der Gutachter lautet deshalb:

„Es ist jedoch zu betonen, dass alle Straßenbauvorhaben einer neuen Prüfung auf Basis der im Zielkonzept formulierten Ziele zu unterziehen sind. Großräumige Straßenneubauten, die nur wenig bzw. keinen zielführenden Einfluss auf den innerstädtischen Bereich haben

würden und die (über-)regionale Erreichbarkeit nicht signifikant verbessern, sollten kritisch hinterfragt bzw. aufgrund der neuen Entwicklungen neu bewertet und ggf. nicht weiterverfolgt werden.“ Genau diese Neubewertung fordern wir mit unserem Antrag.